Ein persönlicher Blick auf die neue Realität im Agenturalltag
Seit Februar 2024 nutze ich generative KI fast täglich. Sie hat meinen Arbeitsalltag radikal verändert: Recherche, Ideenfindung, Projektstruktur – alles geht schneller, oft auch besser. In der Agenturwelt, in der Effizienz zählt, ist das ein Segen. Doch was kostet uns dieser Fortschritt wirklich?
Energiehunger hinter der Fassade
Viel zitiert: Eine ChatGPT-Anfrage verbrauche zehnmal mehr Energie als eine Google-Suche. Doch dieser Vergleich ist überholt – z.B. sind Google-Suchen heute ebenfalls KI-gestützt. Das eigentliche Problem: fehlende Transparenz. Tech-Konzerne machen kaum Angaben zu Energieverbrauch und Emissionen. Wir arbeiten im Dunkeln – mit einer Technologie, die unser Arbeiten grundlegend revolutioniert.
Zwischen Effizienz und Verantwortung
KI spart uns in der Agentur oft die Hälfte der Zeit in Recherche- und Konzeptionsphasen. Das entlastet – und ermöglicht kreative Qualität trotz steigender Anforderungen. Doch mit jeder digitalen Bequemlichkeit wächst unsere Verantwortung. KI ist nur ein Teil eines größeren Problems: Auch Cloud-Nutzung, Streaming oder endloses Scrollen hinterlassen Spuren. Unser digitaler Fußabdruck bleibt oft unsichtbar – doch er ist real.
KI und Kreativität – kein Widerspruch
KI-Bilder und Texte können kreative Prozesse bereichern – als Inspiration, nicht als Ersatz. Etwa für Moodboards oder erste Ideenentwürfe. Doch echte Kreativität entsteht im Dialog mit den Vorschlägen: durch Bewertung, Verwerfen, Weiterdenken. Dazu braucht es Medienkompetenz – ein Verständnis für Herkunft, Verzerrungen und Grenzen der KI-Inhalte.
Zwischen Ablehnung und Euphorie
KI komplett abzulehnen wäre ebenso kurzsichtig wie blinde Akzeptanz. Was es braucht: differenziertes Denken, bewusste Nutzung und menschliche Aufsicht. Nicht immer ist das stärkste Modell nötig – oft reicht ein kleineres, energieeffizienteres. Wer die technischen Grundlagen versteht, kann klüger entscheiden: Was nutze ich? Wie oft? Wofür?
Fazit: Verantwortung übernehmen
KI ist weder gut noch böse – sie ist das, was wir aus ihr machen. Je schneller sie Teil unseres Alltags wird, desto wichtiger ist es, über ihre Folgen zu sprechen. Offen, ehrlich – und mit Mut zur Ambivalenz.
Text & Illustration: Roxana Razaghi