Urbanismus – Städtebau heute.

Reininghaus im Moment des Klanglichts

Das Interesse ist in der Bevölkerung vorhanden, mehr über Reininghaus zu erfahren. Gerne gibt
Natalie Resch, die Sprecherin für den Verein Stadtteil Graz Reininghaus*, Auskunft.

Über architektonische Qualität lässt sich bekanntlich streiten: Gibt es Gebäude bzw. Bauten, die international Anerkennung finden?

Natalie Resch:
Es gibt eine Vielzahl an Gebäuden, die zu nennen sind. Der 20-geschossige MIRROR, direkt am Park, an der UNESCO-Esplanade, wurde von ÖSW gemeinsam mit PENTAPLAN errichtet und 2022 mit dem Award „Wohnbauten des Jahres“ in der Kategorie Wohnhochhaus prämiert.
Der Green Tower im Quartier 1 besticht durch seine begrünte Fassade, die das Gebäude zu einem vertikalen Garten werden lässt und im Jahr 10.000 kg CO2 bindet. Er bietet 138 freifinanzierte Eigentums- und Mietwohnungen zwischen 47 und 102 m2 sowie Büroflächen. Benachbart steht die Esplanade 7 der Wohnbaugruppe Ennstal, ein außergewöhnliches Hochhausprojekt mit Ausblicken über ganz Graz, ebenfalls von Architekt Thomas Pucher.
Reininghaus Zehn war der erste fertiggestellte Gebäudekomplex des neuen Stadtteils, bestehend aus einem siebengeschossigen Blockrand mit 155 Wohnungen, Geschäftsflächen im EG, urban-gardening und der Kunstinstallation „Zum goldenen Ast“ von Alfredo Barsuglia auf der Dachterrasse.

Hochhäuser in Reininghaus


Das Q(uartier) 12 und Q12 Süd wurde nach klimaaktiv-Standard mit Silber ausgezeichnet für die herausragende Planung bezüglich Energie, Materialien, Mobilität und Grünflächen.
Der 3 ha große Reininghauspark, der auf altem Baumbestand aufbaut, mit dem denkmalgeschützten Brunnenpavillon in der Mitte auf die Bierbraugeschichte des Ortes verweist und die besonderen Auflagen eines Wasserschutzgebietes erfüllen muss, wurde mit der Geramb-Rose prämiert; eine Auszeichnung für beispielhaftes Bauen in der Steiermark.

„Das Pionierprojekt bietet die Möglichkeit, Schule nicht nur räumlich, sondern auch päda-gogisch neu zu denken. Man kombiniert forschendes und entdeckendes Lernen mit den MINT- und NAWI-Fächern mit innovativen Lernszenarien wie flexible Differenzierung, Peer-Learning und Begabungsförderung. Die Mehrspra-chigkeit der Kinder wird als Ressource gesehen und in der Klasse mit Englisch als Arbeitssprache gezielt gefördert.“

Ingrid Gehrke, Direktorin der AHS Reininghaus

Gibt es den/die typische Reininghäusler*in?

Natalie Resch:
Auf den Reininghausgründen gibt es Wohnraum für Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen. Von der Penthousewohnung über die Gartenwohnung in Holzbauweise bis zur Familien- oder Singlewohnung. Die Reininghausgründe bieten für jeden Lebensabschnitt das passende Zuhause, weil es sowohl Miet- als auch Eigentumswohnungen sowie geförderte Wohnungen gibt. In den südlichsten Quartieren wurde von der Stadt Graz bereits ein Senior*innenwohnheim errichtet. Im Quartier 6 wird in den nächsten Jahren seitens der ÖWG ein Pionier-Projekt im Bereich Kolokationswohnen umgesetzt, dabei geht es um generationenübergreifende Wohn- und Hausgemeinschaften als Antwort auf die steigende Anzahl an Einzelhaushalten und Vereinsamung im Alter.

Hochhäuser in Reininghaus

Mit Blick auf die Altersstruktur und Herkunft der Bewohnerinnen ergibt sich ein sehr diverses Bild des neuen Stadtteils. Das bestätigt auch das Citizen Science Projekt rund um die Wissenschaftlerin Petra Wlasak und Elisabeth Schlocker, Geschäftsführerin des Europäischen Fremdsprachenzentrums: Über mehrere Wochen hinweg hat man sich mit der Frage nach Sprache(n) in Reininghaus auseinandergesetzt, deren Potential und Herausforderungen im täglichen Zusammenleben. Das Ergebnis wird im Rahmen der Eröffnung des Sprachenfestes im September am Schloßbergplatz des GrazMuseums präsentiert. Sowohl der Verein als auch das Stadtteilmanagement versuchen über Projekte wie dieses oder das erste Stadtteilfest im Sommer 2025 die Bewohnerinnen in Stadtentwicklungsprozesse einzubinden und die Identifikation mit dem Stadtteil zu stärken.

„Wer in Reininghaus wohnt, kann nicht pauschal beantwortet werden, denn Reininghaus ist ein Angebot an Grazer*innen und solche die es noch werden wollen. Auch das ist eine besondere Qualität von Reininghaus: Durch das breite Angebot an Miete und Eigentum, freifinanziert und gefördert, von gewerblichen und gemeinnützigen Bauträgern, ist eine gute Durchmischung sichergestellt.“

Mag. Dr. Florian Stadtschreiber, Bauträger ÖWG und Kassier Verein Stadtteil Graz Reininghaus
Hochhäuser in Reininghaus, dazu Frau mit Kind

Dass Reininghaus viel Potential bietet, man dem Stadtteil aber in Bezug auf das soziale Leben auch Zeit geben muss, damit er mit den Bewohner*innen mitwächst, hat das Stadtteilfest bezeugt. Am vielseitigen Programm zwischen Musik, Ausstellung, Flohmarkt, Blasmusikorchester und inklusivem Stadtwalk haben sich viele Menschen vor Ort aktiv beteiligt.

Es braucht den Kontakt mit „außen“, den umliegenden Bezirken, aber auch der Innenstadt. Daher gilt die Einladung an alle Grazer*innen und Gäste, Reininghaus zu besuchen und sich überraschen zu lassen: von der grünen Umgebung, den autofreien Freiräumen und dem vielfältigen Angebot – von Gesundheitsversorgung bis hin zum modernen Bildungscampus.

Interessant ist, dass Reininghaus für folgende Gruppen als Wohnort besonders attraktiv ist: Junge Familien. Ausschlaggebend dafür sind die vielen Grün- und Spielflächen der einzelnen Quartiere, der erste inklusive Spielplatz von Graz und die hervorragende medizinische Versorgung durch das Primärversorgungszentrum für Erwachsene und das Mini Maxi Med für Kinder und Jugendliche, sowie die fußläufig erreichbaren Bildungsinfrastrukturen. Auf der anderen Seite hat der Stadtteil ein internationales Publikum, unter anderem auch deswegen, weil internationale Unternehmen aus dem IT-Bereich das Potential des Standortes mit der Nähe zu Slowenien (als Arbeitsmarkt) und Bezirkshauptstädten erkannt haben. Dynatrace ist ein solches Beispiel mit rund 120 Mitarbeiter*innen aus 24 Nationen am Standort Reininghaus.
Zugleich erhalten wir sehr sympathische Anrufe von älteren Personen, die vom Land in den neuen autofreien Stadtteil ziehen wollen, weil sie vorsorgen wollen und die gute öffentliche Anbindung und die Nähe zum Bahnhof (5 min per Rad) und zur Innenstadt (10 min per Rad) eine wesentliche Rolle spielen. Auch die Nähe zur FH Joanneum ist für viele ein großer Pluspunkt, sich für eine Wohnung hier zu entscheiden.

„Das 1. Stadtteilfest Reininghaus war für mich ein Beginn für etwas spürbar wachsendes Großes. Die Organisatoren haben ein tolles Programm auf die Beine gestellt und das Fest selbst war ein friedliches Miteinander – ohne Gegröle oder unschöne Situationen, mit viel Fröhlichkeit, Verbundenheit und ich spürte überall eine schon lang ersehnte Aufbruchsstimmung.“

Pauline Urban, Mitbegründerin des Reininghaus-Chors

Welche kulturelle Initiativen gingen vom Verein Stadtteil Reininghaus Graz aus?

Natalie Resch:
Der Zusammenschluss von vielen Akteurinnen hat es möglich gemacht, relevante Kulturplayer und Publikumsmagneten wie das Klanglicht oder die Diagonale nach Reininghaus zu holen. Darüber hinaus Leerstände für temporäre Ausstellungen zur Verfügung zu stellen und eine langfristige Partnerschaft mit der Steirischen Kulturinitiative einzugehen. Mit letzteren verbindet uns über die Geschäftsführerin Nicole Pruckermayr eine lange Zusammenarbeit. Sie ist seit vielen Jahren im Stadtteil mit den Menschen über Interventionen im Austausch; dabei entstanden ist zum Beispiel das Community-Knüpfprojekt Gina liebt!, das nun an der Tennenmälzerei Fassade die (Liebes)-Geschichte des Stadtteils erzählt.

Hochhäuser in Reininghaus u. Menschen bei Fest

Vieles, was rund um den Stadtteil passiert, ist auch auf reininghausgründe.at nachzulesen. Seit Kurzem bietet unser digitales Schwarze Brett den Bewohner*innen die Möglichkeit ein stadtteilinternes willhaben zu nutzen. Im Herbst zeigt das TaO Graz seine Produktion LICHT AUS in einem Leerstand, ein Theaterstück für junges Publikum, das sich mit Angst beschäftigt. Der Verein unterstützte übers Jahr die Theaterworkshops des TaO, die an der AHS und VS Reininghaus abgehalten wurden und sich dort auch etablieren wollen. Da ging es um die spielerische Auseinandersetzung mit Stadtentwicklung. Wir unternehmen also viel, um verschiedene Akteur*innen zur Belebung des Stadtteils zu vernetzen, Räume zur Verfügung und finanzielle Mittel bereit zu stellen. Für unser Engagement 2024 wurden wir mit dem Wirtschaftspreis MAECENAS für „innovative Stadtentwicklung“ ausgezeichnet. Eine Wertschätzung, die uns als Verein ganz besonders freut.

„Alles in allem sehr gelungen, finde ich! Reininghaus und das Fest kamen mir beim Gedanken an weltpolitische Ereignisse schon irgendwie utopisch vor. Ich empfand es als sehr friedlich, entschleunigend und nicht selten rührend.“

Peter Hutter, Fotograf und Gast des Stadtteilfests

Wie profitieren die Nachbarbezirke von Reininghaus?

Natalie Resch:
Im Gespräch mit Besucher*innen aus den umliegenden Bezirken beim Stadtteilfest wurde deutlich: Der Reininghauspark ist ein beliebtes Ziel, ebenso der 2,2 Hektar große Bezirkssportplatz mit Basketball- und Volleyballplätzen sowie einem eigenen Skaterpark. Auch der Andrang beim Mini Maxi Med-Zentrum war von Anfang an groß. Es ist das 2. Primärversorgungszentrum mit diesem Fokus in der Steiermark und hat eine Fläche von 600 m2.

Was fehlt in Reininghaus und was wird angenommen?

Natalie Resch:
TaO, das Theater am Ortweinplatz, hat sich mit den Schüler*innen der AHS und der VS Reininghaus mit dem Thema auseinandergesetzt in Stadt und andere Pläne. Da waren utopische Dinge wie ein Zoo genauso dabei, wie der Wunsch nach Cafés oder einem Schwimmbad. Es ging viel um Begegnungszonen. Fehlende Sportflächen waren weniger das Thema, weil wir ja den Spielplatz, den Park und den Bezirksportplatz haben. Ein Jugendzentrum der Stadt Graz war angedacht, aber wurde noch nicht umgesetzt.

Hochhäuser in Reininghaus mit Bim und Menschen

Was wir dringend brauchen ist eine Apotheke. Mit dem Primärversorgungszentrum für Erwachsene im Greentower und dem Mini Maxi Med an der Unesco-Esplanade haben wir ein exzellentes medizinisches Netz vor Ort. Auf jeden Fall fehlt noch die Gastro, aber das ist ein die-Katze-beißt-sich-in-den-Schwanz-Problem. Was viele unterschätzen ist, dass bereits 4.000 Menschen vor Ort leben – im Kerngebiet. 11.000 Menschen sind es im erweiterten Umfeld. In den nächsten beiden Jahren werden weitere rund 600 Wohnungen fertiggestellt. Das ist ein enormes Potential für Gewerbetreibende an Kund*innen, die sich kleine Shops, einen Drogeriemarkt, eine Trafik und vor allem Gastro wünschen. Das Potential ist da, es muss nur genutzt werden! Im Gegenzug ist bei der Gestaltung der Räume noch vieles möglich und es gibt auch Förderungen der Stadt Graz für die Sockelzone. Eine Einladung an Gewerbetreibende sich ein Bild vom Stadtteil und seinem wirtschaftlichen Potential zu machen, bietet die neue Veranstaltungsreihe Treffpunkt Gewerbe, veranstaltet vom Stadtteilmanagement mit relevanten Fakten und Infos für Gewerbetreibende (am 30.9./28.10./25.11.25 jeweils 18:00 –
19.30 Uhr, Tennenmälzerei 1. OG).

„Derzeit betreuen wir ca. 70 Familien täglich. Ab Herbst 2025 rechnen wir mit der doppelten bis 2,5-fachen Frequenz.“

Dr.in Constanze Sommer, die gemeinsam mit Dr.in Pratl das Mini Maxi Med leitet

Welchen Anreiz kann man schaffen, dass „der/die Grazer/in“ Reininghaus besuchen geht?

Natalie Resch:
Einfach bei einem Stadtspaziergang des Stadtteilmanagements, einmal pro Monat, mittwochs, mitgehen, direkt beim Stadtteilmanagement in der Tennenmälzerei anklopfen oder einfach selbst den Stadtteil erkunden.
Highlights sind sicher:
Bezirkssportpark mit rund 2,2 ha
Reininghauspark mit rund 3 ha und ausgezeichnet mit der Geramb-
Rose und direkt am Park beim Café Kiosk Natascha entspannen
Tennenmälzerei – das kulturelle Herz des Stadtteils, ein denkmalgeschützter und architektonisch höchst interessanter Ort, der seit April 2025 in Betrieb ist.
Veranstaltungen vor Ort wie das Streetcinema der Diagonale, temporäre Ausstellungen in Leerständen der Steirischen Kulturinitiative, La Strada oder das Stadtteilfest (soll auch 2026 wieder stattfinden).
• Das Primärversorgungszentrum und das Mini Maxi Med (Kinder- und Jugendgesundheit) sind auch für Nicht-Bewohner*innen da.

Wo sehen Sie Reininghaus in der Zukunft?

Natalie Resch:
Reininghaus entwickelt sich zu einem lebendigen, vielfältigen Stadtteil von Graz – einem Ort, an dem man gerne lebt, arbeitet und Teil eines aktiven nachbarschaftlichen Netzwerks ist. Hier verschmelzen moderne Architektur, intelligente Infrastruktur und offene Freiräume zu einem Ort, der ein authentisches, lokales Miteinander ermöglicht. Reininghaus steht für Lebensqualität, kurze Wege und eine starke Gemeinschaft – und wird in Zukunft ein lebenswerter Teil der Stadt sein.

*Der gemeinnützige Verein „Stadtteil Graz Reininghaus” hat sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit verschiedenen Akteur*innen vor Ort den Stadtteil aktiv zu gestalten. Die Basis dazu war die Vernetzung zwischen ansässigen Unternehmerinnen, Bauträger*innen, Sozial- und Bildungseinrichtungen mit Institutionen aus dem Kunst- und Kulturbereich. So hat man bereits diverse Aktionen, zum Beispiel den Reininghaus-Advent oder im Sommer das Stadtteilfest, ins Leben gerufen. Der Verein ist so etwas wie die Seele von Reininghaus.

Fotos: © Mathias Kniepeiss for Klanglicht 2022 / © JAKOB VINZENZ ZÖBL / © CHRIS RADL / © VEREIN STADTTEIL REININGHAUS/Peter Hutter / © Pentaplan

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