Neue Untersuchungen orten große Kritik an Dating-Apps und Plattformen.
In einer Aussendung der DPA durch den Zimpel-Verteiler kritisiert der Psychologe Dr. Guido F. Gebauer seit Jahren zentrale Mechanismen moderner Dating-Systeme. Kurzfristige Belohnungen, zahlreiche parallele Kontakte und ständig neue Matches hielten Nutzende aktiv, erschwerten jedoch nach seiner Einschätzung den Aufbau tragfähiger Beziehungen. Laut Gebauer seien Mehrgleisigkeit, Entscheidungsüberforderung und sinkende Bindungsbereitschaft häufige Folgen dieser Struktur.
Vor diesem Hintergrund hat Gebauer die eigene Plattform Gleichklang.de nach 19 Jahren vollständig neu aufgestellt. Diese Plattform setzt laut Gebauer auf ein Gegenmodell zur dominierenden Dating-App-Logik und verzichtet auf kurzfristige Belohnungsschleifen zugunsten eines psychologisch ausgerichteten Ansatzes zur Beziehungsfindung.

In den letzten Jahren häufen sich laut Gebauer wissenschaftliche Publikationen und journalistische Analysen, die sich mit Phänomenen wie Dating-Burnout, Erschöpfung durch Dating-Apps, Suchtmechanismen, emotionaler Abstumpfung, leeren Hallo-Nachrichten und Resignation bei der Partnersuche beschäftigen. “Parallel dazu zeigen globale demografische Statistiken ein auffälliges Muster: Zeitgleich mit der Expansion moderner Dating-Systeme sind die Single-Quoten kontinuierlich angestiegen”, so Gebauer.
„Dating-Apps erzeugen das Gefühl sozialer Aktivität und dies ist ein hochwirksamer Mechanismus, um Menschen auf den Plattformen zu halten. Für nicht wenige mündet das jedoch langfristig in Langeweile, Leere und Einsamkeit.“
Dr. Guido F. Gebauer
Gebauer ist aus seiner psychologischen Sicht überzeugt, dass Dating-Apps im Durchschnitt die Beziehungsfindung erschweren und strukturell zur Zunahme von Einsamkeit beitragen. Kurzfristige Aktivierung durch neue Profile, wechselnde Kontaktimpulse und unvorhersehbare Belohnungsreize erzeuge zwar Nutzung, führe langfristig jedoch zu emotionaler Erschöpfung, Vergleichsdenken und sozialem Rückzug. Menschen erlebten sich als „in Kontakt“, blieben faktisch jedoch allein.
(Anm.: Gekürzte Aussendung der Gleichklang Ltd.)
Information: GLEICHKLANG
Kommentar der 40plus Redaktion:
Dating ohne Apps, geht das noch?
Die Menschen wollen Spaß haben, deshalb gehen sie auf Tinder, das ist wie ein launischer Abend, wo man jemanden trifft: Eine Möglichkeit, ohne fixe Absichten. Dazu kommt es laut Guido F. Gebauer zu einer Überladung von Reizen und zu einem Infarkt auf der Beziehungsebene.
So gilt als Faustregel: Zu viel ist ungesund, zu wenig auch. Aber grundsätzlich weiß jeder, was Tinder ist und was ihn auf Tinder erwartet. Wer das nicht so will, kann z.B. Parship verwenden oder auf Gleichklang gehen und dennoch den Reiz der App zu spüren.

Wichtig ist, die Farbe zu bekennen.
Schaut man die beiden Apps an, versprüht Gleichklang eher Hermione und wie der Name schon sagt Einklang, hier kann man also von einer Partnervermittlung sprechen, Tinder hat hingegen eher den Spaß- und Abenteuerfaktor im Vordergrund. Und, no jo, manche wollen sich hier ihr Ego pushen. Die Welt ist in der App nicht wirklich anders als draußen. Hier sollte man sich als User grundsätzlich die Frage stellen, wohin die Reise gehen soll und dann eine Entscheidung treffen.
Dazu kommt, dass die Plattformen von etwas leben müssen. Von welchen Umsätzen lebt zum Beispiel Tinder? Die grundlegende Nutzung zum Swipen und Matchen ist kostenlos, alle zusätzlichen Funktionen muss man bezahlen. Es ist natürlich naheliegend, dass solche Plattformen nichts dagegen haben, wenn man als Bezahl-Kunde erhalten bleibt. Der fixe Beziehungsstatus wäre zugleich ein verlorener Kunde.
Aktivitäten bleiben nicht aus.
Natürlich geht das noch! Was hunderte Jahre funktioniert hat, funktioniert auch heute noch. Kostet vermutlich mehr Zeit, aber wahrscheinlich sind Aktivitäten, bei denen man sich “zufällig” trifft, frustationsbefreiter, weil man sich so im Moment gleich riechen kann oder auch nicht. Die App erleichtert einfach das Kennenlernen. Man darf nicht vergessen, dass laut Umfragen in den letzten 5 Jahren 41% der Beziehungen über Dating-Apps gelaufen sind.
Eine Veranstaltung zu besuchen, ins Fitnessstudio zu gehen, einen Wanderverein beizutreten, eine kleine Reise anzutreten, das bleibt mit oder ohne App nicht aus. Natürlich ist es ein Aufwand, kostet auch was, aber von nix kommt halt nix, auch keine Beziehung, das sagen wir jetzt einmal mit unserem Hausverstand und ohne einschlägigem Studium.
Martin G. Wanko

