Der Kartonmantelbecher: Nur ein Unwort?

Manche Wörter lernt man nur durch Recherchieren kennen und haben vielleicht schon bei Erfindung ein Ablaufdatum: Zum Beispiel der Kartonmantelbecher.

Der Kartonmantelbecher lässt mich seit dem letzten 40plus nicht so ganz in Ruhe. Ich trau dem Österreicher eh schon viel zu, zum Beispiel Bunt- und Weißglas in den richtigen Container zu werfen, das funktioniert nach 40 Jahren größtenteils schon ganz gut. Bei den Kartonmantelbechern bin ich mir da nicht mehr so sicher, es kommt zu folgendem Grundproblem: Dieser Becher besteht aus drei verschiedenen Werkstoffen: Kunststoff, Karton und Aluminium, wobei der Kunststoff mit dem Karton durch einen Klebstoff verbunden ist. Der Klebstoff macht die Sache nicht einfacher, weil er nicht so einfach vom Kunststoff zu lösen ist und Kunststoff zur Wiederverwertung grundsätzlich sauber und aus einem Material bestehen soll.

Der Kartonbecher

Bei Rewe, dem deutschen Besitzer der Supermarktkette Billa, angefragt, wie lange man noch gedenke, die Kartonmantelbecher zu listen, bekam ich zur Antwort, dass man nach einem reinen Kartonbecher forsche. Im ersten Moment klingt das wunderbar, im zweiten aber nicht mehr so sehr: Einen Kartonbecher zu reinigen ist äußerst schwierig, da er sich schnell mit Wasser ansaugt, noch bevor er gereinigt entsorgt werden kann. Sodann wird zumeist der ungewaschene Karton in den Papiermüll wandern, was naturgemäß eine Schweinerei in der Papiertonne verursacht. Ob der Karton nicht doch eine Impregnierschicht hat, wäre auch noch zu eruieren, dann kann sich wieder die Mülltonne ändern, einzig der Endkonsument hat oft keine Ahnung, welche die richtige Wahl ist, das macht die Angelegenheit jetzt auch nicht einfacher.

Der Recycling-Muffel

Natürlich hat ein Kartonmantelbecher so seine Vorteile, zum Beispiel, dass der Kunststoffanteil erheblich reduziert wurde, antwortet mir die Kommunikationszentrale in der Berglandmilch, Österreichs größtem Milchverarbeiter: »Und natürlich auch durch den hohen Kartonanteil, welcher aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird, im Gegensatz zu Kunststoff, der aus fossilen Rohstoffen erzeugt wird«, so der Informationsdienst der Berglandmilch. Abgesehen davon, ist man durchaus aufklärerisch tätig: »Auf den Layouts versuchen wir den Konsumentinnen und Konsumenten bestmöglich mitzuteilen, wie die Packung ordnungsgemäß zu trennen und zu entsorgen ist.« Dazu sollte man wissen, dass die Recyclingrate des Bechers in Österreich bei 50-70 % liege. In der Kreislaufwirtschaft hinkt das einstige Vorzeigeland Österreich in Europa hinterher. In Deutschland oder Spanien ist man hier bereits bei 90 % angelangt. Im Klartext: Es werden in den Restmülldeponien noch nicht genügend effiziente Trennmaschinen eingesetzt, sodass die Reststoffaufbereitung effizienter wäre. Zum anderen landet genügend trennbarer Müll beim Restmüll, ein Blick in die Mülltonnen im verdichteten Wohnbau genügt hier, da gibt es auch in der Bevölkerung Nachholbedarf.

Warum also nicht alles aus einem Material erzeugen, wie der französische Lebensmittelkonzern Danone? Er kommt mit ihrem Joghurt »Activia« ohne Alufolie als Deckel aus. Das Produkt lässt sich in einem recyceln. Da waren einmal gescheite Social Designer am Werk und auch die richtigen Chemiker. Doch auch hier leider Fehlmeldung: Es soll sich um eine Mischung aus verschiedenen Kunststoffen handeln, die auch nur sehr arbeitsintensiv recycelt werden können. Aber der Weg, alles aus einem Material zu erzeugen, dürfte der Richtige sein.

Auch anderenorts ist man am überlegen: »Wir haben in den letzten Monaten einige Tests mit verschiedenen Becher- aber auch Platinenmaterialien gemacht. Leider sind diese recyclefähigen Monomaterialien sehr schwer zu verarbeiten, sodass es im Zuge der Versuche auf unserer Maschine immer wieder zu einzelnen Undichtheiten der Becher gekommen ist und Kundenzufriedenheit für uns höchstes Ziel ist«, so das Umweltmanagement der Obersteirischen Molkerei.

Jede Verpackung in die Sammelboxen!

Grundsätzlich sei bezüglich zu schneller Verurteilung der Kartonmantelbecher Vorsicht angesagt, einfache Lösungen gibt es laut ARA nicht: »Leider lässt sich nicht pauschal beantworten, welche Verpackungslösung nachhaltiger ist. Beurteilungen von konkreten Verpackungen sind immer abhängig von Verpackungsgrößen, eingesetzten Materialien, Barrieren, Farben, Klebstoffen und Etiketten.« Das »Um und Auf« für das Recycling ist aber jedenfalls, dass die Verpackungen getrennt gesammelt werden. »Wir wollen mit jeder Verpackung zurück zum Recycling!«, ist die ARA äußerst motiviert. Dazu werden zur Steigerung der Sammelquote die unterschiedlichen Sammelsysteme in Österreich vereinheitlicht: »Ab 2023 werden alle Kunststoffverpackungen in der Gelben Tonne/im Gelben Sack gesammelt, ab 2025 gemeinsam mit Metallverpackungen«, so der ARA-Informationsdienst. Eine Optimierung der Sortieranlagen wird hier miteinbezogen. Geht ja, denkt man sich, aber warum nicht gleich? Die Jahre schleppen sich so sehr und man bekommt den Eindruck nicht los, dass hier noch mehr gehen könnte.

Text: Martin G. Wanko

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