Der Wandel im Handel

40 Plus Magazin Juli 21

Mit dem Wandel im Kaufverhalten verändern sich auch die Städte zwangsläufig. Wie die „schöne, neue Welt” wirklich aussieht, steht in den Sternen, aber wir machen uns schon einmal Gedanken darüber, am besten mit Roland Fink, Mastermind der niceshops, dem südösterreichischen Onlinehändler.

Ich hatte vor Jahren schon die Idee, dass „online shoppen” das Bild der Städte verändern wird: Immer weniger Geschäfte, dafür immer mehr Lokale. Dieser Umbruch findet zurzeit in Graz statt. Was ist hier ihre Zukunftsvision?

Roland Fink: An einer Zukunftsvision müssen wir alle gemeinsam arbeiten. Wir brauchen im Handel viel mehr an Innovation. Die großen Trends sind schlicht und einfach die Bequemlichkeit und der Wunsch nach Erlebnissen. Das ist es, was wir aktuell in den Städten sehen. Es braucht mehr Gastronomie und innovative Einkaufsflächen.

Können Sie sich vorstellen, dass man einmal in ein großes Einkaufszentrum oder Outletzentrum mangels Umsatz Eintritt zahlen muss, wie ins Kino oder einer Ausstellung?

Roland Fink: Nein! Was ich allerdings sehe, sind immer mehr Ausstellungsflächen und Flagshipstores-Flächen, auf denen Online und Offline verschwimmt. Kunden wollen zukünftig ihre Produkte offline aussuchen, ohne sich anzustellen, bequem zahlen und dann die Ware geliefert bekommen, ohne die Dinge mühsam nach Hause schleppen zu müssen.

Jetzt einmal im Ernst: Jedes mal wenn ich an einem Store einer Parfumerie-Kette vorbeikomme, herrscht dort gähnende Leere und bei Notino kommen sie mit dem Bestellen kaum nach. Wohin führt das?

Roland Fink: Der Onlinehandel wird weiter und rascher Marktanteile gewinnen. Aktuell haben wir einen Anteil von etwa 15 % am Gesamthandelsvolumen. Dieser Anteil wird in den nächsten Jahren auf 40-50 % steigen. Das heißt, dass der Handel erst am Beginn eines riesigen Strukturwandels steht. Dementsprechend müssen heute Handelskonzepte neu gedacht werden.

Warum gehen Sie privat noch in die Stadt?

Roland Fink: Weil ich in der Stadt ein vielfältiges gastronomisches Angebot, Mode, Lebensmittel und Unterhaltung finde, sowie Dinge, die man schnell braucht. In Punkto Lieferzeiten tut sich am Markt übrigens enorm viel. Die Logistik wird immer schneller und besser. In Deutschland gibt es beispielsweise schon Konzepte mit Lieferzeiten unter 15 Minuten.

Glauben Sie, wird uns Corona im Nachhinein betrachtet mehr bringen oder schaden?

Roland Fink: Jeder Tote war einer zu viel! In Anbetracht dessen ist es aus meiner Sicht schwierig, dem Positives abzugewinnen. Ich kann jedoch feststellen, dass sich infolge der Pandemie vieles geändert hat – viel weniger Geschäftsreisen, Home Office, bewusstes Leben. Wertigkeiten haben sich verschoben.

Wenn ich mir die niceshops-Webpage anschaue, seid Ihr die Online-Könige der Nachhaltigkeit. Zahlt sich das aus?

Roland Fink: Als Könige sehen wir uns nicht. Wir machen einfach die Dinge, die notwendig und richtig sind – so wie viele andere Unternehmen auch. Davon werden immer mehr. Nachhaltigkeit kostet nichts! Insofern zahlt sich das immer aus.

Liefern die niceshops die Pakete CO2-neutral?

Roland Fink: Ja, in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich.

So gut wie alle Labels, die wir kennen, z. B. aus der Modebranche, haben ihren Ursprung im Zeitalter, als online noch nicht erfunden war. Glauben Sie, dass es heutzutage schwerer ist ein Label zu kreieren?

Roland Fink: Nein, ein gutes Produkt wird immer erfolgreich sein.

Herr Fink, 40plus dankt für das Gespräch.

Interview: Martin G. Wanko
Fotocredit: Niceshops

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