Die Nachhaltigkeit ist tot…

Es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass es um unsere Nachhaltigkeit schon besser bestellt war. Man hört von ihr immer weniger, denn alles, was vom Mainstream geschnupft wird, geht in ihm auf. Sei es, das seit gefühlt 1000 Jahren erstmals tiefgreifende, nachhaltige Pfandsystem. Sei es, dass erstmals die Nahrungs- und Genussindustrie Verpackungen aus einem sortenreinen Kunststoff erzeugt, die bei richtigem Recycling zu 100 % in die Kreislaufwirtschaft einzubringen ist. Da spricht keiner mehr von Nachhaltigkeit, das versteht sich per se.

Demgegenüber lockert die EU beispielsweise das noch nicht einmal in Kraft getretene Lieferkettengesetz, welches von Einhaltung der Menschenrechte bis zur nachhaltigen Erzeugung entlang der globalen Lieferkette garantieren sollte. Für die Industrie sicher praktikabler, aber „Nachhaltigkeit, where are you?“

Für das Unwort des Jahres ist es noch etwas zu früh. Wissen Sie noch das Unwort des Jahres 2024? Fällt mir auch nicht mehr ein. Ich habe nachgeschaut, das war „Volkskanzler“, jetzt nicht schwer zu erraten, wer damit gemeint ist oder wer sich so betituliert. Das Wort des Jahres war übrigens „Renaturierung“, was für ein schöner Gedanke! Als Unwort 2025 hat die ausgelutschte „Nachhaltigkeit“ aber ganz gute Karten. Das ist natürlich die volle Watsch’n für alle Menschen, die ihre Bedürfnisse mit einer gewissen Portion Nachhaltigkeit in Einklang bringen.

Das Problem sitzt jedoch tiefer als erwartet. Nachhaltigkeit klingt wahnsinnig nichtssagend und voll nach Spaßbemse. Das Wort hat nicht einmal ein anständiges Verb inne. Redet jemals wer von nachhalten? Dazu liebt und braucht der Mensch Abwechslung. Jetzt hat er sich vor einigen Jahren auf die Nachhaltigkeit gefreut, mehr oder minder nach ihr gelebt, ist auch einmal auf einer Demo gewesen, hat einen Fischotter gesehen, aber jetzt will er wieder etwas anderes haben, weil ihm wer eingeredet hat, dass Nachhaltigkeit viel mit Wirtschaftsflaute und wenig mit Spaß und Geldrauswerfen zu tun hat. Das zu widerlegen geht schon, bringt aber nix. Die Nachhaltigkeit muss uns so wichtig sein, dass wir ihr einen neuen Namen geben: Sprechen wir lieber von einer Wende, von einem Change, der sich nicht aufhalten lässt. Von einer guten Idee, die darauf brennt, umgesetzt zu werden oder von spannenden Ereignissen, die auf uns zukommen. Das Fleisch von glücklichen Viechern verkauft sich eben besser, als von einer nachhaltigen Aufzucht, die Idee dahinter sollte aber die gleiche bleiben.

In dem Sinne, der König ist tot, lang lebe der König!

Martin G. Wanko

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