Der Schauspieler aus Sankt Stefan ob Stainz

Arbeit kann auch Spaß machen. Workaholic August Schmölzer geht gerne ans Limit. Zeit für ein Gespräch, meint 40plus.

August Schmölzer stammt aus einer Bauernfamilie, wo man sehr früh aufsteht, um zu arbeiten und früh schlafen geht, damit das Land versorgt wird. Das viele Arbeiten ist ihm geblieben, obgleich er die Sense gegen die Bühne oder den Griffel getauscht hat. Was er in die Hand nimmt, funktioniert und das ist gut so. Gerade hat er die Überarbeitung seines Romans »Am Ende wird alles sichtbar« herausgebracht. Ab Herbst dreht Schmölzer die zweite Staffel der Netflix Serie »Die Kaiserin«, in der er Kardinal Rauscher spielt. Zeit für ein Porträt.

Vom Sohn einer Landwirte-Familie zu einem Schauspieler ist »a brater Weg«. Wie ging das?

Ich habe gespürt, dass in mir etwas steckt, das sich ausdrücken will. Aber Schauspieler? Meine Großmutter mütterlicherseits, eine Bäuerin, hatte einen Kalender an der Wand hängen, auf dem berühmte Schauspieler abgebildet waren. Sie hat immer auf dem Kalender gezeigt und zu mir gesagt: »Gustl, da fehlt noch einer.«

Wie kamst du auf Schauspiel?

Ich kann nicht mehr genau sagen, was mich damals wirklich dazu bewogen hat, aber irgendetwas hat mich angezogen. Etwas Künstlerisches zu studieren war damals auch noch ohne Matura möglich, ich habe ja »nur« die Volks- und Hauptschule besucht. Also habe ich mich auf Anraten eines Freundes an der Kunstuniversität Graz für Schauspiel eingeschrieben und wurde zu meiner und aller Überraschung aufgenommen. Ich muss schon zugeben, dass ich erst viel später begriffen habe, was da auf mich zukommt.

Weil es alle so gerne hören: Schauspieler zu sein ist ein Schritt. Wie wird man erfolgreicher Schauspieler?

Das hat man eigentlich selbst nicht wirklich in der Hand. Man muss arbeiten, arbeiten und nochmals arbeiten und der Rest ist neben Glück auch die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt zu treffen, die an einen glauben.

Warum schreibst du Bücher?

Weil ich überzeugt bin zu glauben, dass ich etwas zu sagen, etwas zu erzählen habe. Das Schreiben ist für mich auch ein Weg, meine kreative Energie frei zu setzen.

Das Stieglerhaus liegt dir sehr am Herzen, oder?

Ja, eine wunderbare Einrichtung, die uns da gelungen ist und der ganzen Region in und um St. Stefan ob Stainz geschenkt wurde.

Wie finanziert sich das Haus?

Es ist eine gemeinnützige Privatstiftung.

Nach einigen Nominierungen, endlich ein Preis. Was bedeutet dir der Grimme-Preis?

Der Grimme-Preis wurde mir von einer Studentenjury verliehen. Das sind die Jungen, die nächste Generation der Filmemacher. Das macht diesen Preis für mich ganz Besonders.

Was eint den Hobby-Winzer (der du bist), mit deinem Leben?

Ich keltere den Wein ja nicht selbst, das macht der Weinbau und Kastanienhof Klug. Wein ist für mich Genuss und ich bin ein Genießer. Guter Wein ist für mich flüssige Poesie. Wein und Poesie zu machen ist Kunst. Da ich auch Künstler bin, eint uns das, indem ich den Wein trinke und genieße.

Macht Erfolg eitel?

Die Verführung ist groß, aber für mich nicht wirklich gefährlich, da ich mich dieser Versuchung nicht hingebe. Wenn ich einmal einen »Rappel« bekomme, besuche ich das Grab meiner Eltern und der Spaziergang am Friedhof, umgeben von Vergänglichkeit, holt mich schnell wieder auf den Boden der Normalität zurück.

Warum hat der Roman keinen realen Ort als Erinnerung?

Weil eine Verortung sofort einengen würde. Probleme, welche im Roman die beiden Städte betreffend abgehandelt werden, stehen für jede Stadt und jeden Ort. Das gleiche betrifft Kriege oder Soldaten. Wenn es um den Zweiten Weltkrieg gegangen wäre oder die Nazis, hätte das eingeengt. Alles kommt wieder, nur eben in einem anderen Kleid der Zeit. B. Brecht fragte K. Valentin einmal: »Wie schaun Soldaten aus?« Valentin sagte: »Soldaten san weiß!«

Welcher Charakter im Roman ist dir der nächste?

Sie sind mir alle gleich lieb und wert. Fast jede Figur hat etwas in abstrahierter Form von mir, einfach um »diebisch« zu schauen, wie sich die Figur damit entwickelt.

Zeit einmal ruhiger zu treten?

Ich arbeite zwar sehr viel und das braucht seine Kraft und Zeit, aber ich empfinde es als großes Privileg und bin demütig, dankbar, spielen und schreiben zu dürfen, was ich möchte. Meine Eltern haben sich auf unserem Hof noch körperlich abgerackert.

Angst vor dem Tod?

Nein, eigentlich nicht. Solange ich da bin, ist er nicht da, und umgekehrt. Vor langem Leiden hätte ich Angst und davor, dass andere, die ich liebe, vor mir gehen müssen.

Wo steht dein Buchsbaum?

Den gibt es nicht mehr, leider. Er stand neben dem großen Bauernhaus auf dem Hof meiner Großeltern mütterlicherseits. Er war für einen Buchsbaum gewaltig groß, sodass ich als Bub in ihm sitzen und mich in die große weite Welt hinaus schwingen und träumen konnte…

Rezension:
August Schmölzer
»Am Ende wird alles sichtbar«
140 Seiten, edition keiper

»Josef, der 45-jährige Held der Geschichte, kehrt nach vielen Jahren, die er draußen in der Welt als Fotograf verbracht hatte, nach Hause zurück, um seine Vergangenheit zu ordnen. Und um die Frage zu beantworten, die ihn schon sein verflossenes Leben begleitet: Was ist aus seiner Kindheitsliebe Ragusa geworden?«, fragt sich Peter Keglevic, der Regisseur des verfilmten Romans, der nun überarbeitet ein zweites Mal veröffentlicht wird, im Nachwort des Romans.

»Wenn das Glück nochmals anklopft, mach die Tür auf, pack es, wo du es erwischst, egal, zieh es rein und schließ gut ab.« Zitat aus dem Roman

»Am Ende wird alles sichtbar«, ist ein Roman zwischen Kommen und Gehen, vor dem Krieg ist nach dem Krieg und umgekehrt. August Schmölzer schreibt aus der Seele heraus. Aus einer Wunde? Kann sein. Muss nicht sein. Er kippt die Zeit des Geschehens heraus, auch die Orte soll es in Wirklichkeit nicht so geben. Sind es Sehnsuchtsorte, nein, eher Orte, die er besuchen hat müssen, die er für sich und so dem Leser ausleuchten hat müssen. Das Wirtshaus, der Wald, das Haus, Alltagserinnerungen, barfuß in den Frühling laufen, der Teich mit Fröschen und Ringelnattern und dann doch wieder der Druck auf der Brust und die Tabletten. A.S. Roman ist wie das Eintauchen in einen unbekannten See, wo man Schreckenserfahrungen macht und sich in den nächsten Momenten wieder an sichere Ufer rettet, zu Ragusa und Josef.

Text & Interview: Martin G. Wanko

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