Ein Monat ohne Alkohol

Kein Alkohol

Seit Jahren mache ich das einmal im Jahr, immer wieder mit anderen Erkenntnissen, manche jedoch setzen sich fest. Es ist eine Reduktion auf das Wesentliche – aber alles von Anfang an.

Wenn sonst nichts geht, gönnt man sich zumindest zu Hause etwas. Ein wirklich schöner Ansatz zu einem genügsamen Leben und sicher eine Möglichkeit dem Virus ein Schnippchen zu schlagen. Dazu kommt noch der Dezember, weil etwas düsterer als sonst und eben in den Weihnachtstagen doch leidenschaftlich gelebt, sich der Körper gerne eine Auszeit gönnt.

Ich freue mich über den kollektiven Gedanken, aber ich brauche ihn nicht zwingend, auch keine Freunde noch Bekannte, die bei etwas mittun, wofür ich mich entschieden habe, es schadet aber auch nicht. Dass man aus jedem Furz jedoch gleich eine kleine Bewegung macht, ist wahrscheinlich unseren sozialen Medien geschuldet, und sie „Dry January“ nennt, ist mir fast schon ein bisserl zu viel, zeigt aber, dass die Welt ganz gerne am Gluckern ist.

Plus 10 % Energie

Das Schönste an der Entschlackung ist, dass man dem Körper in diesem Moment etwas Gutes tut und dieser sich gleich freudigst bedankt. Schon nach einigen Tagen der Enthaltsamkeit spürt man mehr Kraft in den Gliedern, durchwegs ausgeglichener zu sein und die Leistungsfähigkeit hinaufdrehen zu können. Das ist jetzt nicht einmal davon abhängig, wieviel oder wie wenig man im Vorfeld getrunken hat, da der Anstieg der Lebensenergien ja auch relativ ist.
Leicht irritierend, aber gar nicht unlustig, war das Paradox, dass ich jetzt nicht aufgehört habe Wein zu kaufen. Die Vorfreude auf etwas scheint tatsächlich ein Faktor zu sein und die Weinwirtschaft kann beruhigt sein, Kurzzeit-Abstinenzler schaden jetzt dem Handel nicht zwingend, sie bereichern ihn sogar.

Meine Stunde auf der Hängematte

Jeder hat aber eine Schwachstelle und es gilt diese zu umschiffen, wenn nicht gar zu zerstören. Eine der großen Sachen bei mir sind die Wochenenden. Zugegeben, man ist jetzt nicht mehr so ein Springinkerl wie in jungen Jahren, aber man freut sich ganz einfach auf den Riedenwein am Freitagabend und auf das Bier zum Kick am Samstag. Jetzt hat man im Januar schon einen gewissen Vorteil, dass Fußball witterungsbedingt eher zweitrangig ist, so sind die Biere im wahrsten Sinne des Wortes ins Out zu kicken. Aber zuerst kommt der große Freitag, auf dem man sich schon am Donnerstagabend freut und den gilt es nun positiv zu meistern. Gar nicht so einfach, wenn es dazu noch COVID-19-bedingt auch nichts mit der Muckibude wird und Joggen unter 0 Grad einfach nicht gesund ist, dann geht nur noch eines: Nichts tun und ruhig daliegen. Glauben Sie mir, das hat etwas. Gönnen Sie sich einfach einmal den Luxus und tun Sie nichts. Kein Handy, kein Tablet, kein TV-Kastl, einfach nichts tun und warten, was passiert. Bei mir verwandelte sich das stetige Rauschen der vorbeifahrenden Autos in die brandenden Wellen in der Karibik und mein Bett in eine Hängematte. Tatsächlich sind Badeurlaube nichts für mich, aber mein Körper meint, ich soll das doch einmal versuchen. Sollte ich mir merken!

Herumdrücken geht nicht

Dann gibt es kleinere und größere Störmomente. Plötzlich ruft ein Freund an, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe, und fragt an, ob ich nicht gerade Zeit für ein Glas oder zwei hätte. Ganz direkt „Nein!“ ins Gesicht zu sagen ist das beste und dazu noch den Grund benennen. Geht ja! Problematisch wird es erst, wenn man zum Herumdrücken beginnt. Bevor man in eine Bar geht und schlechte Stimmung verbreitet, bleibt man lieber zufrieden zu Hause.
So nebenbei kommt es zu kleinen, freudigen Ereignissen, dieses oder jenes, wo man am Abend in Summe gerne ein Glas trinken würde. Aufheben und verschieben ist die Devise. Auch das berühmte Achtel zum Kochen ist einfach zu besorgen, indem man dafür kleine Weinflaschen besorgt, die tatsächlich nur für die Rotweinsauce bestimmt sind und jetzt nicht zum degustieren. Geht alles ganz einfach und tut niemandem weh.

Fazit: Das Schönste am trockenen Monat ist, dass wir mit jedem Moment der Enthaltsamkeit wachsen, weil sie eben das probate Hausmittel gegen den Überfluss ist, in dem wir leben. „No means no“, ist die einzige Möglichkeit, dass unser Leben an Qualität gewinnt. Kleiner Nebeneffekt: Minus zwei Kilo an Körpergewicht. Und natürlich sollte man etwas mitnehmen, für die persönliche Zukunft: Es sind tatsächlich 70 Prozent des Alkohols, den man streichen kann. Welcher das ist, sollte jeder für sich selbst herausfinden.

Text: Martin G. Wanko

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