Heckes Abgesang: Das E-Bike, Frevel und Feind

Meine kleine Klimabeichte in der letzten Ausgabe kam gerade recht: Sie wissen es noch? Ich habe mir einen alten Dieselbus gekauft, um den Kindern böse Langstreckenflüge zu ersparen. Paradoxe Intervention halt. Sie gondelten wochenlang durch halb Europa. Ich selbst bin noch davor nach einigen Test-Nächten zwar in großer Freiheit an Landstraßen und mitten in Städten wiederauferstanden, das aber stets gerädert, vom ungehobelten Lattenrost unter zu dünner Matratze. Warum also kam sie gerade recht, die Klimabeichte? Weil dieser Sommer wie ein einziges Buschfeuer brennende Fragen an unsere schwitzenden Häupter knallte.

Rekordhitze in den Weltmeeren. Die 40-Grad-Grenze im Süden ist in Serie gefallen. Adriastrände schockgefroren unter der Wucht monströser Hagelgeschosse. Ist das schon der Kippeffekt? Ist Mutter Erde unserem Elchtest erlegen, schlägt ihr globales Klimakterium unaufhaltsam zu? Man soll ja in der Wissenschaft den Glauben beiseite lassen. Also glaube ich nicht, dass es schon so weit ist: Vielmehr fürchte ich, da ist einfach nichts mehr zu leugnen. Vielleicht wintere ich den Bus ein und forciere wieder den Drahtesel. Den reite ich in Zeiten des Klimawandels ohnehin ganzjährig. Und, nein, ich stehe beim Strampeln nicht unter Strom. Wozu ein Fahrrad per Batterie antreiben? Die Pedale sind doch für kräftige Beine erfunden worden!

Zugegeben, seit ich in der Liga »40plusplus« antrete, kurble ich mit deutlich vermindertem Drehmoment. Früher schnupfte ich mit meinem Puch Cavette, also dem Ex des Herrn Papa, Mopeds und lieber noch poppige Vespen. Raus aus dem Sattel, stehend rein in den Windschatten, vorbeipreschen. Das polini-geföhnte Selbstbewusstsein der Vespafahrer im zwölften Gang zertreten. Ein Traum in mint-metallic. Mein grober Umgang mit dem Rad war des Vaters Albtraum. Heute ist Puch nicht mehr, was es war. Mein Vater hat sein Cavette längst abgeschrieben. Nun schelte ich an seiner statt eben meinen Sohn, warum er das alte Prachtstück so verkommen lässt. Familientradition halt.

Heute überholen mich sogar Silberrücken-Senioren mit Radlpass-Garantie: Mühelos. Mein Blick schielt stets auf ihren Alu-Rahmen. Wo ist der verfluchte Akku? Ja, es ist immer ein E-Bike, das mich und mein altes KTM abhängt, also das Ex meines nun auch schon älteren Herren. Mit erwachsener Reife bleibe ich im Sattel und fahre ruhig weiter. Jetzt nur nicht schwitzen. Dieses Rennen mit deren unlauteren Mitteln ist für mich nicht mehr zu gewinnen. E-Bikes sind erbärmlich, merk- und unwürdig. Frevel und Feind! Eine vernünftige Option für die Verkehrswende? Pah, eine Blamage für jeden echten Pedalritter!

Papas KTM ist jetzt übrigens a schöne Leich‘. Schon zwei Werkstätten ließen ausrichten, Patient tot: »A Reparatur zahlt si nimmer aus!« Dem alten Herrn hab‘ ich’s schon gebeichtet. Ein neues Rad muss her. Aber, Ehrensache, ganz ohne Strom! Gegen diese Niederlage trete ich weiter an.

Text: Bernd Hecke

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