Weinakademiker Philipp Schäffer über Wein-Trends der letzten Jahre, Weine mit Charakter und solche, die gerne einen hätten.
Am Anfang der Zeit wurde der Wein in Amphoren maischevergoren – weiß wie rot. Danach kamen einfache Korbpressen zum Einsatz und brachten klaren Wein… noch immer sehr handwerklich. Genau dort schließt der heutige Naturwein von biodynamischen Betrieben an. Gemeint sind damit Weintrauben, gerebelt und schonend gepresst, vergoren mit den eigenen Hefen und ausgebaut in neutralen Gebinden mit äußerst geringem Einsatz von Schwefel – und genau so werden die größten Weine der Welt produziert.
Zuvor noch ein Blick zurück in die späten 1980er-Jahre: Hier hielt die moderne Kellertechnik Einzug in unseren Breiten. Mit kalter Vergärung durch Reinzuchthefen wurde der Begriff „klassisch“ geprägt. Eine auf Ertrag und Gewinn ausgerichtete Agrarindustrie entwickelte über die vergangenen Jahrzehnte unzählige Präparate, die nach wie vor schlecht dosiert auf vielen Wein- und Agrarflächen ausgebracht werden. Ob das wirklich noch schmecken kann?
Aber es geht auch anders!
Charaktervolle Weine, welche die Aromen und die Typizität ihrer Herkunft und Rebsorte im Glas wiederspiegeln, können nur aus gesunden, nicht aus chemisch behandelten und auf hohen Ertrag getrimmten, Weingärten kommen. Das verstanden in den vergangenen beiden Jahrzehnten aufmerksame Winzer rund um den Globus: Die Rede ist von biodynamischen Winzern.
Orange-Wine ist eine Bezeichnung, die hiesige biodynamische Winzer in Österreich ablehnen. Aus gutem Grund, denn das österreichische Weingesetz empfiehlt diese Bezeichnung für Landweine, die eine Trübung oder leichte Oxidation aufweisen. Die Trauben für den Orange-Wine können also auch aus konventionellem Weinbau stammen, mit Zuchthefe unter Temperaturkontrolle vergoren und im Edelstahl ausgebaut werden. Auch die gängigen Zusätze, Schönung und Filtration sind erlaubt. Die Bezeichnung Orange-Wine gibt somit keinen Aufschluss über natürliche maischevergorene Weine. Mit einem echten Orange-Wine, wie international üblich, hat das nichts mehr zu tun. Es ist längst an der Zeit, dass die Gesetzgebung die zulässigen Bezeichnungen auf den Etiketten auf den Stand der aktuell verfügbaren Weinstile bringt. Derzeit führen biodynamisch zertifizierte Winzer den Zusatzbegriff „natural wine“ auf ihren Etiketten an.
Für mich geht es aber grundlegend nicht um Etiketten-Bezeichnungen, sondern um die Qualität in der Flasche. Vor allem die Denkweisen der Winzer, die Weingärten und deren Keller sind die essentiellen Faktoren für besondere Weine. Ein respektabler Umgang mit der Natur war immer schon der Schlüssel zu einer qualitativ hochwertigen Landwirtschaft und damit auch im Weinbau – und nur dieser hat für mich langfristig Bestand. Mein Ziel ist es, Weine zu verkaufen, die mit Respekt gemacht werden, sowie vom Charakter seiner Herkunft als auch vom dortigen Menschenschlag geprägt sind.
Zur Person:
Philipp Schäffer offeriert in Schaeffer’s, Selektion feiner Weine, am Grazer Kaiser-Josef-Platz, eine Auswahl dessen was er liebt.
Fotocredit: Schaeffers