Heckes Abgesang: Eine kleine Klimabeichte

Wie war heuer Ihr erstes Frühsommergewitter? Bei mir in der Vorstadt wehte es gerade Jauchenduft ins Freibad. Des Landwirts Eau de Cologne ist die zuverlässigste Regenwarnung. Dann kam der Hagelflieger, ehe die Sturzflut die Jauche ins Tal riss und die Straße knöcheltief unter Gülle setzte.

Wir alle sollten in Tagen des Wandels in uns gehen und Klimabeichte ablegen. Der Mensch will ja stets Fußabdrücke hinterlassen, die Nachkommenden eine Nummer zu groß sind. Aber jetzt ist halt hinter uns die Sintflut. Vor uns wohl auch.

Meine Beichte? Ich, Radler, Wenigflieger, so oft es geht, rette die Welt durch paradoxe Intervention. Ich habe der Familie einen Zweitwagen gekauft. Ein altes Rettungsauto, Dieselstinker, zehn Jahre alt. Ich bin nicht gut im Rechnen, aber den (erwachsenen) Kindern habe ich gesagt: »Ich kaufe den nur, wenn ihr noch keine Billigsdorfer Langstreckenflüge gebucht habt.« Sie fahren jetzt im Sommer Bus mit Matratzenlager. Vielleicht sind unsere Spuren im Industrieschnee nächsten Winter schon eine Nummer kleiner?

Als der Nachwuchs einst mit Fridays for Future auf der Straße Schule schwänzte, habe ich angedroht, ihn beim nächsten Mal per Warnschild zu outen: »Diese Klimakinder steigen morgen in einen Billigflieger«. Die Drohung verpuffte: Ein paar Sommer später nahm der kleinere Große »The Long Way Home« – im Flieger von Bordeaux über Dublin, Amsterdam und Wien nach Graz. Der Weg als Ziel: Der Preis war kaum teurer als ein Bier in der Grachtenstadt.

Der Camper ist nun meine neue Komfortzone. Klebt sich die Letzte Generation davor, lege ich mich hinten hin. Ich mag Klimakleber. Sie haben dem kleinen Mann das schlechte Gewissen richtig reingepickt. Kommentatorinnen mahnen, Aktivistinnen dürften weder ihn noch die kleine Frau im ohnehin harten Alltag ausbremsen. Die Konzern*innen müssten eben die Klimawende befeuern. Nur: Klima-Gesetze gefährdeten Standort und Wohlstand. Sie müssten also nur wollen, die Konzerne. Das fällt einem beim Kommentieren nur ein, wenn man schwitzt, selbst einmal im Suff, pardon, im SUV im Stau zu versauern.

Solange wir Konzernen Klimasünden zum Aktionspreis abkaufen, wird uns die Jauche weiter bis zum Hals stehen. Aber Homo sapiens hedoniensis sagt weiter unvernunftbegabt: »Mein Boot ist toll!« Hat er keins, tönt er: »Das Boot ist voll!!«

Ich sag‘, tanke! Der Diesel ist grad günstig. Liebe Klimakleber: Hoch die Hände, Wochenende! Ich fahr dann mal los! Aber, ich schwör‘s, nur einen Sommer lang. Ihre Klimabeichte bitte an: bernd.hecke@icloud.com

Text: Bernd Hecke

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